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Delfine im Zürisee – Fabienne Boller spricht darüber!


Fabienne Boller, Leiterin Kommunikation bei OceanCare

Gespräch mit Fabienne Boller von der Tier- und Umweltschutzorganisation OceanCare. OceanCare setzt sich für den Schutz von Meeressäugern und Ozeanen ein. Dank des unermüdlichen Einsatzes solcher Meeresschützer werden unsere Ozeane sowie die marinen Lebewesen etwas besser geschützt und die Artenvielfalt gestützt.


1. Wer oder was ist OceanCare? Und was macht OceanCare?

OceanCare ist ein Schweizer Verein mit Sitz in Wädenswil. Die Organisation engagiert sich weltweit für die Meeressäuger und Ozeane. Ausserdem verwirklichen wir Forschungs- und Schutzprojekte, führen Kampagnen und sind auch in der Umweltbildung tätig. Wir versuchen mit dem steten Einsatz in internationalen Gremien konkrete Schritte zur Verbesserung der Lebensbedingungen in den Weltmeeren zu schaffen. Wir sind seit 2011 auch UN-Sonderberaterin für Fragen in Sachen Meeresschutz.


2. Was verbindet OceanCare mit Wädenswil?

Die Präsidentin und Gründerin von OceanCare wohnt hier in Wädenswil und sie hat ihren Wohnort auch gleich als Sitz von OceanCare gewählt.


3. «Delfine schützen im Zürichsee» ist Euer Werbespruch für das Sponsorenschwimmen bei der Seetraversierung. Ich bin verwirrt, worum geht es dabei? Hat der Klimawandel bewirkt, dass im Zürichsee jetzt Delfine schwimmen?

(Lacht) Nein, Delfine gibt es im Zürichsee nach wie vor nur in der aufblasbaren Plastikversion. Unterstützen kann man die bedrohten Meeressäuger aber direkt vor der eigenen Haustür. Und zwar als Teilnehmer unseres jährlichen Sponsorenschwimmens, das wir im Rahmen der Seetraversierung der SLRG-Sektion Wädenswil jeweils durchführen dürfen. Dazu suchen wir Sponsorenschwimmerinnen und -schwimmer, die mit ihrem "Schwumm" den Delfinschutz unterstützen möchten. (Frau Boller wollte die über 2.65 km lange Strecke übrigens selber mitschwimmen. Die Seeüberquerung musste aber am 17.08. infolge zu niedriger Seetemperatur abgesagt werden; Anm. d. Red.).

Die Sponsorenbeiträge kommen direkt dem Delfinschutzprogramm von OceanCare zugute. Mit solchen Projekten möchten wir aktiv zur Umweltbildung beitragen. Was viele nicht wissen ist, dass z.B. der Gewöhnliche Delfin im Mittelmeer vom Aussterben bedroht ist.


4. Warum sind die Meere so wichtig für uns?

Wenn wir bedenken, dass unsere Erde zu 70% aus Wasser besteht und die Weltmeere den grössten Lebensraum auf der Erde bieten, wird deutlich, weshalb die Meere so wichtig sind für uns. Im Jahr 2010 haben Tausende Forscher eine Art Inventar der Meere aufgestellt, den Census of Marine Life. Dabei wurden mehr als 250'000 Meeresarten identifiziert, Schätzungen gehen aber von mehr als 1 Million Arten aus. Übrigens bestehen auch wir Menschen durchschnittlich aus 60% Wasser. Nebst den vielen anderen wichtigen Dienstleistungen des Ökosystems Meer versorgen uns die Meere über die Photosynthese der Algen ausserdem mit Sauerstoff.


5. Es ist sicher nicht immer einfach, gegen Grosskonzerne und die Industrie aufzutreten. Was motiviert Euch stets aufs Neue, diesen Kampf zu führen?

Ein wichtiges Mantra von OceanCare lautet: Was uns alle angeht, können wir nur gemeinsam lösen. Insofern braucht es nicht nur NGOs (Non-Governmental Organizations, deutsch: Nichtregierungsorganisationen), sondern auch die Zivilgesellschaft, die öffentliche Hand und den Privatsektor, um Veränderungen und Verbesserungen zu bewirken. Wir sehen uns nicht als Einzelkämpferin, sondern als Teil eines ganzen und komplexen Systems. Wenn immer möglich versuchen wir uns zu vernetzen und suchen auch immer den Dialog, um konstruktiv vorzugehen.


6. Das Problem der Meeresverschmutzung durch Plastik geht durch alle Medien. Warum ist dies so problematisch?

Unsere Meere versinken leider im Müll, fast ein Drittel des jährlich hergestellten Plastiks gelangt in die Ozeane. Plastikabfall stellt eine der grössten Quellen der Meeresverschmutzung dar. Rund 80% des Mülls stammt vom Festland. Doch auch Schiffe, die alte Fischernetze einfach über Bord werfen, tragen zur Problematik bei. Und was niemand ahnt: Auch viele Kosmetikprodukte enthalten Kleinstplastik, sogar Zahnpasta enthält kleinste Kunstoffkügelchen. Diese sollen die Reinigungswirkung verstärken. Solche feinen Partikel gelangen in grossen Mengen ins Meer, weil sie in aller Regel zu klein sind, um von Kläranlagen überhaupt ausgefiltert werden zu können.


7. Wie finanziert Ihr Euch? Wer unterstützt Euch finanziell?

Finanziert werden wir durch Gönner, Spender, Mitglieder und Stiftungen.


8. Ihr seid seit 2011 als UN-Sonderberaterin für den Meeresschutz tätig, was beinhaltet diese Tätigkeit genau? Was soll ich mir darunter vorstellen?

Wir sind sehr stolz darauf, dass wir diese spezielle Aufgabe übernehmen dürfen. Sie beinhaltet die Verpflichtung, international im Meeresschutz tätig zu sein. Als UN-Sonderberaterin haben wir Zugang zu allen relevanten Konferenzen und geniessen dort dieselbe Redezeit wie die Regierungsdelegierten, können Position Statements abgeben und intervenieren, d.h. in die Verhandlungsdiskussionen eingreifen.


9. Was sagt Ihr zu militanten Organisationen wie Peta oder Sea Sheperd?

Wir sind der Meinung, dass es viele Wege gibt, um Probleme zu lösen. Aktivismus und das Mobilisieren der Masse gehören ebenso dazu wie das Verhandeln mit Entscheidungsträgern z.B. an Konferenzen. Wir respektieren ganz klar die unterschiedlichen Vorgehensweisen. Wir haben uns aber einem lösungsorientierten Weg verschrieben und unsere Erfahrungen des letzten Vierteljahrhunderts haben gezeigt, dass wir damit sehr gut gefahren sind und einiges in Gang setzen konnten sowie auch vieles erreicht haben.


10. Was sind die nächsten Ziele von OceanCare und wo seht Ihr Euch in 10 Jahren?

Unsere Ziele sind die Lösung von Umwelt- sowie Tier- und Artenschutzproblemen und das Bewirken eines Wertewandels bei der breiten Bevölkerung – und dies international. Damit wir noch mehr für den Meeresschutz und die Meerestiere unternehmen können, wollen wir wachsen und mehr Experten aller Disziplinen an Bord nehmen. Um diese Ziele zu erreichen, benötigen wir die Unterstützung von Meeresfreunden und auch von Menschen, denen die künftigen Generationen am Herzen liegen.


11. Wie konsequent wird gegen die Überfischung der Meere vorgegangen? Wie gross ist diese Gefahr? Gibt es bald keinen Fisch mehr in der Migros?

Mehr als 80% der kommerziell genutzten Fischarten sind heute bis ans Limit befischt, überfischt oder komplett erschöpft. Wenn wir unseren Appetit nicht zügeln, werden wir in knapp 40 Jahren keinen Fisch mehr auf unseren Tellern finden. Leider sind Aquakulturen keine Lösung des Problems, denn um diese Fische zu füttern, braucht es wieder andere Fische (für 1 kg Lachs etwa braucht es 5 kg Fischfleisch).

Die EU unternimmt einiges in Hinsicht auf Fischereireformen und Nachhaltigkeit, jedoch ist dies nicht genug. OceanCare nimmt als Mitglied der Allianz OCEAN2012 auch aktiv Einfluss auf die Reformen der EU, aber es muss noch deutlich mehr getan werden – und dies nicht nur von Regierungsseite. Auch wir Konsumenten können mit unserem Verhalten aktiv dazu beitragen, dass die Meere nicht masslos überfischt werden. Wenn es denn Mal Fisch sein muss, dann sollte nicht Meerfisch konsumiert werden, sondern einheimischer Süsswasserfisch. Auch sollte ganz auf Nahrungsergänzungsmittel verzichtet werden, die Fischöle enthalten (Stichwort Omega3).


12. Vorreiter und Pioniere wie Jacques-Yves Cousteau oder Sylvia Alice Earle haben beträchtlich zum Umdenken der Menschen und zum kollektiven Umweltbewusstsein beigetragen. Was bleibt heute noch von diesen Pionieren? Knüpft Ihr an solche Vordenker an?

Diese Personen sind Lichtgestalten und sie werden wohl nie an Inspiration und Faszination verlieren. OceanCare lässt sich von ihnen und vielen anderen Seiten inspirieren.


13. Wie kann ich Euch beitreten, wie kann ich spenden? Und was passiert mit meiner Spende?

Sie können das Meer und die Meeressäuger mit einer Spende, Mitgliedschaft oder Patenschaft eines bedrohten Meerestiers schützen. Oder mit einem Legat in die Zukunft der Ozeane investieren. Die Verwaltungskosten von OC belaufen sich lediglich auf 12.5% (Vergleich: WWF 17.7%). Wir arbeiten mit sehr limitierten personellen Ressourcen und erreichen mit wenigen Mitteln Grosses. So wird sichergestellt, dass die Spendengelder vollumfänglich dorthin gelangen, wo sie dringend benötigt werden.


14. Meine Botschaft an Wädi, was ich den Wädenswilern schon immer sagen wollte:

Dass ich die Freundlichkeit der WädenswilerInnen sehr schätze. Ich bin glücklich, an einem solch schönen Ort arbeiten zu dürfen. Und dass die Wädenswiler stolz sein dürfen, eine NGO mit UN-Sonderberaterstatus in ihrer Stadt zu haben.


15. Ohne OceanCare wäre die Welt ...

... um viel Wissen, Engagement und Herzblut in Sachen Meeresschutz ärmer. Ich finde es immer wieder beachtlich, wie wir als so kleine Organisation mit beschränkten finanziellen Mitteln so viel auf dem nationalen wie internationalen Parkett erreichen können. Dank unserem UN-Status können wir auf höchster Ebene wichtige Entscheidungsträger beeinflussen. Im Mittelmeerraum sind wir eine der aktivsten und relevantesten NGOs überhaupt.


16. Ich liebe, ich kann nicht leben ohne ...

H2O! Ich liebe nicht nur Süsswasser in gefrorenem (Skifahren, Schneeschuhlaufen) und flüssigem Zustand (Schwimmen), sondern bin auch süchtig nach dem Meer (Surfen, Stand-up Paddling). Ich mag sogar Regentage. Mein Sternzeichen, Fische, ist wohl kein Zufall?!


17. Gar nicht ausstehen kann ich ...

... ignorante, egoistische, ungerechte und destruktive Menschen.


Vielen Dank Fabienne Boller, dass Sie sich Zeit für das Gespräch genommen haben. Wir vom Team waedi.ch wünschen Ihnen und OceanCare alles Gute und weiterhin viel Erfolg!


Wenn Sie spenden oder gar mitmachen möchten: www.oceancare.ch



Autor: Ken Kälin
Datum: 12.08.2014 14:00 Uhr
Letzte Änderung: 06.10.2014 14:35 Uhr

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