Füchse in der Stadt – Wie gehe ich damit um?
Michael Schönholzer, Wildhüter der Stadt
Wildtiere werden durch das relativ leicht erreichbare Futter in der Stadt angezogen und zwar nicht erst seit gestern. Dennoch hat man in letzter Zeit den Eindruck, dass gerade Füchse vermehrt in Wädenswil gesichtet werden – etwa jenes tote Jungtier, das am alten Hafen (Seeplatz, Seeweg) gefunden wurde.
Gelegenheit also, dem Wildhüter der Stadt Wädenswil, Michael Schönholzer, ein paar Fragen zu stellen.
In letzter Zeit sieht man wieder vermehrt Füchse durch die Stadt streichen oder streunen. Wie verhält es sich damit?
Eigentlich sind sie seit längerem da. Es sind echte "Kulturfolger" und sie haben sich längst an den (urbanen) Menschen gewöhnt. Da ihre Präsenz zurzeit keine Gefahr für uns darstellt, sollten einfach auch wir uns an ihre Präsenz gewöhnen; es ist nicht schwer.
Gibt es ausser Füchsen noch andere Wildtiere, die gelegentlich durch Wädenswil streunen?
Ja, etwa die eher seltenen Dachse, die gerne "den Rasen umstechen", auf der Suche nach Engerlingen und Käfern oder die etwas häufigeren Marder. Neben dem Rehwild, das sich praktisch nie in die Siedlungszone verirrt, werden die Hirsche neuerdings immer mehr auf unserem Gemeindegebiet gesichtet. Von den Wildschweinen aber hat man hier in den letzten 20 Jahren praktisch nichts mehr gespürt.
Warum kommen die Füchse in die Stadt, was treibt sie dazu an?
Hauptsächlich ist es das leicht zugängliche Nahrungsangebot in der Stadt, aber auch die "Siedlungsdichte" der Fuchspopulation in Wald und Feldgehölzen. Die Fähen (= Fuchsweibchen) wagen immer öfter, ihre Jungen auf Stadtgebiet aufzuziehen. Dafür bevorzugen sie neben Friedhöfen und Pärken häufig Schreber- und andere Gärten – einfach überall, wo es Schlupflöcher unter Hütten oder Holzbeigen hat. Dort richten sie sich dann so genannte Notbaue ein. Jetzt ist gerade Aufzuchtzeit und ab etwa Mitte Juni werden die Jungen selbständig.
Besteht dadurch eine Gefahr für Menschen? Kinder im Besonderen?
Da können wir von der Wildhut Horgen-Wädenswil beruhigen, es geht keine Gefahr von den Füchsen aus. Die Tollwut ist in der Schweiz ausgerottet und die Ansteckungsgefahr durch den Fuchsbandwurm gering.
Wenn man minimale Hygiene-Standards beachtet, kann nichts geschehen: Dazu gehört das Händewaschen (auch der Kinderhände!), wenn man draussen gespielt hat, und das Waschen von frisch gepflückten Beeren (Erdbeeren) und Gemüse (Bärlauch, Salat etc.).
Sind umgekehrt die Menschen eine Gefahr für die Tiere, insbesondere für die Füchse?
Nein, das glaube ich nicht, sonst käme der Fuchs ja gar nicht in die Stadt. Er wird allerdings – ausserhalb der Schonzeit vom 1. März bis Mitte Juni – stark bejagt, aber dies dient ja auch der Bestandeserhaltung und dem – vom Menschen kontrollierten – ökologischen Gleichgewicht.
Welches ist das richtige Verhalten gegenüber Füchsen, denen man in Wädenswil zufällig begegnet?
Aktives Füttern ist sicherlich falsch, aber auch passives Füttern sollte unterlassen werden, etwa indem abgenagte Knochen vom gegessenen Grillgut einfach vom Balkon oder sonst wie achtlos fortgeworfen werden. Das zieht die Füchse als klassische Kadaver- und Aasfresser magisch an. Auch am Boden herumliegende Abfallsäcke, die ja praktisch immer etwas übel riechen, interessieren die Füchse.
Dazu folgendes: Erst vor kurzem sah ich in Wollishofen, nahe bei Fischer's Fritz, eine clevere Lösung für das Abfallsackproblem. Die Abfallsäcke wurden entlang der Gartenzäune aufgehängt – man trifft damit gar zwei Fliegen auf einen Schlag: Die Füchse (auch Ratten und kleinere Hunde) können nicht mehr ran und die Müllmänner müssen weniger hochheben.
Es wurde beobachtet, dass gewisse Leute versuchen, das Interesse der Tiere auf sich zu ziehen. Was meinen Sie dazu?
Dies sollte vermieden werden, da die Füchse durch wiederholtes Füttern zutraulich, aber nicht zahm (!) werden und darauf sowohl einem selbst als auch den Nachbarn lästig fallen können.
Was ist zu tun, wenn ein Fuchs nicht davonrennt, wenn man ihn sieht oder gar anspricht?
Man kann sich ganz normal verhalten, ihn einfach nicht beachten. Eventuell wirft man einen Kontrollblick auf sein Fell, ob es intakt ist und leicht glänzt oder nicht. Wenn er sich nicht rührt oder einen kranken Eindruck hinterlässt, kann die Nummer 117 (Polizeinotruf) angerufen werden. Sie bietet dann die zuständige Wildhut auf, die innert kurzer Zeit selbst nachschauen geht, was los sein könnte und was zu tun sei.
Neben den Wildtieren selbst sieht man auch immer wieder, wenn sie ihre Spuren in der Stadt hinterlassen: Kot etwa oder noch viel häufiger zerrissene Abfallsäcke am Strassenrand. Welche Tiere stecken dahinter?
Weder die Marder noch die Katzen stecken hinter zerrissenen Abfallsäcken, es sind hauptsächlich die Füchse, die vom Geruch angezogen werden.
Beim Kot wurde ich auch schon gerufen, um dann festzustellen, dass es sich lediglich um Hundekot handelt, den man relativ leicht vom Fuchs- und Marderkot unterscheiden kann: Fuchskot ist dunkel, dünn und länglich, Marderkot noch dünner, aber recht kurz. So oder so muss man ihn – wie Hundekot – sauber entfernen (in ein Plastiksäckchen packen und normal in einem Robidog entsorgen).
Wenn jemand darauf besteht, kann ich zwar eine Falle aufstellen, muss aber den dann gefangenen Fuchs vor Ort erlegen, da man einen Fuchs nicht umsiedeln kann. Er kehrt sicher zurück! Abtransportieren und dann erst erlegen, ist rechtswidrig. Zuvor rate ich dieser Person immer, sich mit den Nachbarn abzusprechen und mich erst danach aufzubieten.
Was möchten Sie uns sonst noch mitteilen im Zusammenhang mit dem Thema Wildtiere in der Stadt?
Es gäbe noch viel zu erzählen, etwa dass im übrigen Gemeindegebiet von Wädenswil durch die kleinen Gehölze, Bachläufe, Weiher und offenes Wies- und Ackerland die Fuchspopulation sehr hoch ist. Diese ist auch im Vergleich mit anderen Gemeindegebieten sehr hoch, was wiederum zu "Besiedlungs"-Druck auf den urbanen Siedlungsraum führt.
Wichtig ist mir jedoch dies: Es ist sehr schade und eigentlich traurig, dass der Fuchsbalg – im Zuge der teilweise extremen Antipelz-Kampagnen (bei manchmal durchaus berechtigten Tierschutzanliegen) – denselben "schlechten Ruf" erhalten hat wie die Pelze von in unwürdiger Gefangenschaft gehaltenen Wildtieren. Es handelt sich beim Fuchsbalg nämlich um einen wunderschönen und wertvollen Pelz, der es verdiente, getragen zu werden.
Herr Schönholzer, herzlichen Dank für das interessante Gespräch.
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