Stefan Jakob: Raku im Brennpunkt
Stefan Jakob in Aktion
Schon seit vielen Jahren gibt Stefan Jakob Kurse im Raku – eine spezielle Brenntechnik für Keramik. Der Brenntag findet jeweils in Wädenswil statt. Im Interview reden wir von ihm und vom Raku, vom Unterschied zwischen dem American-Style- und dem traditionellen japanischen Raku, vom IKEA-Brennofen, den er entwickelt hat und der schon in Australien und Japan zum Einsatz kommt.
Stefan, du gibst Raku-Kurse in Zürich, der Brenntag findet aber in Wädenswil statt. Wie bist du auf Wädenswil gekommen?
Das war reiner Zufall. Früher haben wir die Arbeiten im Hof meiner Werkstatt gebrannt, ich wollte jedoch schon immer einen Brennplatz ausserhalb der Stadt. Wegen des starken Geruchs hat sich auch schon mal die Polizei eingeschaltet, die Öfen mussten mitten in der Brennprozedur abgestellt werden. Das geschah während eines Kurstages einer Kollegin von mir.
Hinzu kam, dass die Weststrasse, an der mein Atelier liegt, für die Bewohner verkehrstechnisch aufgewertet und beruhigt wurde. Im Zuge davon wurden und werden die Häuser ringsum renoviert bez. abgebrochen. Da ich Probleme gerne angehe, bevor sie da sind, habe ich mich schon lange nach einem neuen Ort umgeschaut. Über einige Zwischenstationen habe ich nun dank einer Kursteilnehmerin den perfekten Ort gefunden: einen Stall mit Vorplatz an der Steinweidstrasse in Wädenswil.
Die Öfen, die du verwendest, sind eine Eigenproduktion.
Jawohl, die habe ich selber entwickelt. Dazu braucht es einen IKEA-Eimer und andere Bestandteile. Ich gebe auch Kurse, in denen die Teilnehmer ihre eigenen Öfen herstellen. Das Praktische daran ist, das sie portabel sind und es die IKEA überall auf der Welt gibt.
Du hast schon in Australien Kurse gegeben und letztes Jahr auch in Japan. Die Teilnehmer in Japan waren Profi-Töpfer, hatten ihr Handwerk gelernt. Haben die sich von dir was sagen lassen, zumal die Raku-Technik eine japanische Brennkunst ist?
Ich will den Japanern nicht zeigen, wie Raku geht. Das, was die Europäer für typisch japanische Raku-Keramik halten, die Glasur mit dem Krakelee, feine Risse in der Glasur, das nennen die Japaner "American Style Raku". Der Vater des "westlichen Rakus" ist der Amerikaner Paul Soldner, er hat die Technik in den 50er Jahren entwickelt.
Dann ist also dieses Krakelee nicht typisch japanisch?
Traditionelle japanische Teeschalen würden Westler gar nicht als Raku-Keramik erkennen. In Japan gibt es nur rotes oder schwarzes Raku. Das typische Krakelee-Muster fehlt, da die Japaner das Brenngut nach dem Brennen an der Luft abkühlen lassen.
Das Krakelee entsteht jedoch erst, wenn die Stücke nach dem Brennen (Niedrigbrand bei 1000 Grad) direkt aus dem Ofen in organisches Material – ich verwende Sägemehl – luftdicht eingebettet werden. Beim Abräuchern entsteht dann das typische Krakelee-Muster. Der Rauch, der entsteht, dringt als schwarzer Kohlenstoff durch Haarrisse (Krack) und lagert sich so im Ton ein.
Was bedeutet der Begriff Raku im Japanischen?
Übertragen heisst dieses Wort auch Freude, Gelassenheit, Musse. Wenn man das Wort Raku einem Japaner gegenüber nennt, würde der es nicht automatisch mit der Keramiktechnik assoziieren. Das heisst bei ihnen Rakuyaki (Rakuware).
Wie hast du den Kurs in Japan organisiert?
Shozo Mishikawa, ein international tätiger Keramiker, hat mich für diesen Workshop angefragt. Ich habe den Organisatoren in Japan eine Liste mit Bildern und den englischen Ausdrücken der benötigten Werkzeuge und Materialien für den Ofenbau geschickt. Trotzdem war es sehr aufwändig, bis alles klappte. Gemeinsam haben wir dann aber alles benötigte Material gefunden, als ich vor dem Workshop in Japan angekommen bin. Neben dem Brennofen-Kurs in Sasama habe ich mit weiteren Helfern sechs Schulklassen in drei Schulhäusern der Präfektur Shizuoka besucht, wo wir je einen kleinen Workshop durchgeführt haben. Der ganze Aufenthalt in Japan war eine sehr spannende Erfahrung für mich.
Wie haben die Teilnehmer auf diesen Brennofen reagiert?
Die Japaner sind sehr begeisterungsfähig und haben mit dem Ofen experimentiert.
Hast du eine Lehre als Töpfer gemacht?
Nein, eine eigentliche Töpferlehre habe ich nicht. Ursprünglich habe ich Sanitärinstallateur gelernt, aber schnell die Branche gewechselt. Es folgten 10 Jahre als Sozialpädagoge, in dieser Zeit habe ich die Ausbildung zum Werklehrer gemacht. Ich kann aus jeder der drei Ausbildungen etwas Wertvolles ziehen: dank der Metallbearbeitungsgrundausbildung habe ich das Vorwissen für den Ofenbau, das Soziale und die gestalterisch-didaktische Ausbildung helfen mir bei meinen Kursen, die ich gebe.
Wie bist du auf die Keramik gekommen und was gefällt dir daran?
Ich habe selbst verschiedene Kurse besucht und mich immer mehr auf die Keramik spezialisiert. Das Brennen im offenen Feuer fasziniert mich. Raku ist die einfachste Möglichkeit, mit Glasur zu arbeiten.
Was möchtest du den Kursteilnehmern mitgeben?
Mein Ziel ist es, den Teilnehmern die Leichtigkeit, das Unmittelbare des Raku näherzubringen. Es braucht nicht viel Hexerei und ist nicht kompliziert. Ich will nicht vorgeben, was man alles beachten muss, es ist vieles erlaubt und möglich.
Welche Reisen planst du in Zukunft?
Dieses Jahr werde ich im September noch in Berlin einen Ofenbau-Kurs geben. Grössere Reisen sind im Moment nicht konkret in Planung. Eventuell werde ich im November 2017 an ein Keramikfestival in Japan eingeladen.
Stefan, vielen Dank für die Zeit, die du dir für das Interview genommen hast.
Zur Keramik-Webseite: www.raku.ch
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